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  • Kartellrecht: Evaluierung des EU-Durchsetzungsrahmens

10.09.2024

Die Europäische Kommission hat die Evaluierungsergebnisse für die EU-Verordnungen veröffentlicht, in denen die Verfahren für die Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften festgelegt sind.

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Die Verordnungen 1/2003 und 773/2004 bilden den verfahrensrechtlichen Rahmen für die Durchführung der in den Artikeln 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“) niedergelegten Wettbewerbsvorschriften.

225 Durchsetzungsbeschlüsse, 42 Milliarden Euro Geldbußen

Im Zeitraum vom Mai bis August 2024 hat die Kommission 225 Durchsetzungsbeschlüsse erlassen: darin hat sie entweder eine Zuwiderhandlung gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften festgestellt oder Verpflichtungen gebilligt, durch die ihre vorläufigen Bedenken ausgeräumt würden. Sie hat auf der Grundlage der Verordnung 1/2003 Geldbußen in Höhe von über 42 Milliarden Euro verhängt, wovon rund 37 Milliarden Euro vom Gerichtshof der EU bestätigt wurden. Die Ersparnisse für Kunden, die sich aus kartellrechtlichen Maßnahmen der Kommission insgesamt ergeben haben, beliefen sich für den Zeitraum von 2012 bis 2021 auf 50 bis 87 Milliarden Euro.

Wichtigste Ergebnisse der Evaluierung

Die Verordnungen haben allgemein das Ziel einer wirksamen, effizienten und einheitlichen Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften erreicht. Nach wie vor haben sie einen EU-Mehrwert und sind relevant.

Wichtigste Änderungen durch die Verordnung 1/2003:

  • Erstens wurde das alte System abgeschafft, nach dem Unternehmen Vereinbarungen bei der Kommission anmelden mussten, um eine Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV nutzen zu können – diese Neuerung wird sehr positiv bewertet.
  • Zweitens wurde ein dezentrales System der parallelen Durchsetzung der EU-Wettbewerbsvorschriften durch die Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden eingeführt und so eine wirksamere Durchsetzung erreicht. Die nationalen Wettbewerbsbehörden und die Kommission haben zusammen mehr als 1.650 Beschlüsse erlassen, wobei 85 % von den nationalen Behörden stammen. Somit sind die nationalen Behörden neben der Kommission zu wichtigen Durchsetzungsbehörden für das EU-Wettbewerbsrecht geworden.

Das Europäische Wettbewerbsnetz („European Competition Network“ oder kurz „ECN“) war für die einheitliche und wirksame Anwendung der EU-Wettbewerbsvorschriften von entscheidender Bedeutung, auch wenn die Zusammenarbeit innerhalb des ECN weiter ausgebaut werden könnte. Laut Evaluierung müssen unnötige parallele Prüfverfahren vermieden und das Zusammenspiel von EU-Wettbewerbsrecht und nationalem Wettbewerbsrecht weiter verbessert werden, um die kohärente Durchsetzung aller verfügbaren Rechtsinstrumente zu gewährleisten.

Ferner wird in der Bewertung hervorgehoben, dass Prüfungen schneller gehen müssen. Es wurden mehrere Probleme ermittelt, von denen einige mit der Digitalisierung zusammenhängen und die Wirksamkeit von Prüfinstrumenten und -befugnissen beeinträchtigen könnten, die für eine analoge Welt konzipiert waren. Beispielsweise wurde das System, eine nichtvertrauliche Fassung der Kommissionsakte zu erstellen und zugänglich zu machen, um die Verteidigungsrechte der Parteien zu wahren, zu einer Zeit eingeführt, in der Prüfverfahren einen viel geringeren Umfang hatten. Durch die inzwischen großen Datenmengen und umfangreicheren Akten verursacht die Erstellung einer nichtvertraulichen Fassung der Kommissionsakte nun erheblichen Aufwand für die Parteien, die Informationsgeber und die Kommission.

Rechtsrahmen für einstweilige Maßnahmen und Anwendung in den Mitgliedstaaten

Parallel dazu hat die Kommission einen Bericht an den Rat und das Europäische Parlament über den Rechtsrahmen für einstweilige Maßnahmen und deren Anwendung durch die nationalen Wettbewerbsbehörden angenommen. Einstweilige Maßnahmen sorgen dafür, dass der Wettbewerb während einer laufenden kartellrechtlichen Prüfung gewahrt bleibt. Die ECN+-Richtlinie räumt den nationalen Wettbewerbsbehörden ein Grundmaß an Durchsetzungsbefugnissen ein, einschließlich der Befugnis zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen. Laut Bericht unterliegen nationale Wettbewerbsbehörden, die verstärkt von einstweiligen Maßnahmen Gebrauch machen, oft weniger strengen Verfahrensvorschriften und mitunter weniger strengen rechtlichen Anforderungen für die Anordnung solcher Maßnahmen.

Nächste Schritte

In den kommenden Monaten wird die Kommission über die Evaluierungsergebnisse beraten und entscheiden, ob eine Überarbeitung der Verordnungen eingeleitet werden soll.


EU-Kommission vom 06.09.2024 / RES JURA Redaktionsbüro

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