Wird ein Wiedereinsetzungsantrag auf einen vorübergehenden Funktionsausfall eines Computers gestützt, bedarf es näherer Darlegungen zur Art des Defekts und seiner Behebung, so der BGH. Bei der Glaubhaftmachung darf nicht die Möglichkeit offenbleiben, dass die Beteiligten bzw. ihre Verfahrensbevollmächtigten die Fristversäumnis – etwa durch einen Bedienfehler – zu verschulden haben (BGH-Beschluss vom 01.03.2023 – XII ZB 228/22).
Begründung per beA drei Minuten nach Fristablauf
Das Land Mecklenburg-Vorpommern forderte von einem Mann die Zahlung geleisteter Unterhaltsvorschüsse. Nachdem er in erster Instanz unterlegen war, legte er Beschwerde beim OLG Rostock ein. Die Begründung per beA erreichte das Gericht jedoch erst drei Minuten nach Fristablauf. Das Gericht verwarf die Beschwerde wegen Unzulässigkeit und lehnte auch einen Wiedereinsetzungsantrag ab.
Der Mann hatte zur Begründung seines Antrags auf Wiedereinsetzung Computerprobleme seines Anwalts vorgetragen. Dieser hatte am Tag des Fristablaufs kurz vor Mitternacht auf einem älteren Computer den Schriftsatz verfasst und ihn dann um 23:50 Uhr auf einem anderen Laptop per beA versenden wollen. Dabei sei es zu einem Problem mit dem Laptop gekommen, welches erst nach einem Neustart behoben werden konnte. Dadurch sei es zu der Verspätung um drei Minuten gekommen. Eine spätere Analyse des IT-Beraters konnte die Ursache des Fehlers nicht klären. Heraus kam nur, dass das Gerät bereits um 23:20 begonnen hatte, Fehlermeldungen aufzuzeichnen und dass diese nach dem Neustart verschwunden waren.
BGH: Technischer Fehler ebenso wahrscheinlich wie Bedienfehler
Der BGH verwarf die gegen die Entscheidung des OLG eingereichte Rechtsbeschwerde. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zu gewähren, wenn ein Verfahrensbeteiligter ohne sein Verschulden verhindert war, die Beschwerdebegründungsfrist einzuhalten, wobei Anwaltsverschulden zugerechnet werde, so der BGH. Dabei müssten die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen glaubhaft gemacht werden. Zwar könnten Computerprobleme grundsätzlich einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen. Ein auf einen vorübergehenden „Computer-Defekt” oder „Computer-Absturz” gestützter Wiedereinsetzungsantrag verlange aber nähere Darlegungen zur Art des Defekts und seiner Behebung.
Daraus müsse sich ergeben, dass eine technische Ursache überwiegend wahrscheinlich sei – und nicht mit derselben Wahrscheinlichkeit ein Bedienfehler in Betracht komme. Dies habe der Anwalt aber nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Er habe selbst eingeräumt, dass der Grund für die Funktionsstörung des verwendeten Laptops – der sowohl vorher als auch nachher einwandfrei funktionierte – letztlich nicht aufgeklärt werden konnte. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass der nahende Fristablauf Zeitdruck verursacht haben muss und der Anwalt mit den zwei Computern einen technisch aufwändigen Weg nutzte, hätten auch einem mit dem System vertrauten Menschen Fehler passieren können. Ein verschuldeter Bedienfehler sei daher mindestens ebenso wahrscheinlich wie ein technischer Fehler.
Ergänzend weist der BGH darauf hin, dass der Anwalt in dieser Notsituation auch den Weg über das Fax hätte wählen können. Die Möglichkeit, bei einer technischen Störung ein Dokument nach den allgemeinen Vorschriften zu übermitteln, bestehe unabhängig davon, ob die Störung auf einem Defekt des Übertragungsgeräts beruhe oder in der Sphäre des Einreichenden liege.