27.09.2022

Der EuGH erklärt die im Telekommunikationsgesetz vorgesehene Vorratsdatenspeicherung in Deutschland für mit dem Unionsrecht unvereinbar.

Beitrag mit Bild

©nmann77/fotolia.com

„Einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung wird damit eine klare Absage erteilt“, lobt der Deutsche Anwaltverein (DAV). „Vorstellbar bleibt eine anlassbezogene Nachfolgeregelung, zum Beispiel in Form des „Quick-Freeze-Verfahrens“. Der Europäische Gerichtshof hatte sich anlässlich einer Klage der SpaceNet AG und der Telekom Deutschland GmbH gegen die Bundesnetzagentur mit der Rechtmäßigkeit der Vorschrift im deutschen Telekommunikationsgesetz (TKG) beschäftigt. Die Regelung sah die unterschiedslose, zehnwöchige Speicherung der Verbindungsdaten von Telefon und Internet wie auch eine vierwöchige Speicherung von Standortdaten vor und liegt seit 2017 auf Eis.

Nachfolgeregelung nur in engen Grenzen

Bereits 2021 hat der EuGH-Generalanwalt seine Ansicht geäußert, die entsprechenden Passagen des TKG seien unvereinbar mit dem Unionsrecht, da sie einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte auf Familien- und Privatleben sowie den Schutz personenbezogener Daten darstellen. Dem folgten nun auch die Richter des EuGH im Urteil vom 20.09.2022 (C-793/19 und C-794/19).

Eine Vorratsdatenspeicherung ist nach der geltenden Rechtsprechung also lediglich anlassbezogen innerhalb enger Grenzen möglich. Voraussetzung für das sogenannte „Quick-Freeze-Verfahren“ sind die Anordnung durch eine Behörde, eine wirksame gerichtliche Kontrolle sowie ein festgelegter Zeitraum, für den die Verkehrs- und Standortdaten zu sichern sind. Die Speicherung erfolgt dabei nur für die Zukunft, ein rückwirkender Zugriff auf vorhandene Daten bleibt ausgeschlossen. Eine Nachfolgeregelung müsse diese Vorgaben erfüllen, so der DAV.

Vollumfassende Strategie für Vorratsdatenspeicherung

Der DAV sieht eine vollumfassende Strategie für die digitale Gefahrenabwehr als notwendig an, um den durch technischen Fortschritt und Digitalisierung stetig anwachsenden Überwachungsmöglichkeiten gerecht zu werden. „Die Debatte über die Vorratsdatenspeicherung führt uns vor Augen, dass wir auf eine Überwachungsgesamtrechnung angewiesen sind“, konstatiert Rechtsanwalt Dr. David Albrecht aus dem Ausschuss Gefahrenabwehrrecht des DAV.

Die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme kann laut Bundesverfassungsgericht nicht lediglich isoliert erfolgen, sondern muss das Zusammenspiel mit anderen Überwachungsmaßnahmen berücksichtigen. Dazu fehlt es jedoch an einem ganzheitlichen Überblick über die verschiedenen Befugnisse zur Datenerhebung ebenso wie an einem System zum Datenaustausch zwischen den verschiedenen Behörden auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene.


DAV vom 20.09.2022 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Meldung, Wirtschaftsrecht

©jirsak/123rf.com

08.07.2025

Durch klare Regeln für Umweltwerbung und ein Verbot manipulativer Designs im Online-Finanzbereich wird Transparenz geschaffen und Greenwashing erschwert.

weiterlesen
Klarheit statt Greenwashing: Neue Regeln für Umweltaussagen

Meldung

© Jamrooferpix / fotolia.com

02.07.2025

Die EU-Kommission schlägt ein neues Klimaziel von 90% weniger Emissionen bis 2040 vor – ein ambitionierter Plan, der jedoch erhebliche Zweifel an Umsetzbarkeit aufwirft.

weiterlesen
EU-Klimagesetz: Neues Zwischenziel für 2040

Meldung

©jirsak/123rf.com

27.06.2025

Nur wenn eine zuständige Behörde die therapeutische Relevanz einer Bio-Herkunft bestätigt, darf ein Bio-Logo auf Arzneitees verwendet werden.

weiterlesen
Bio-Logo: EuGH setzt Grenzen

Meldung

nosua/123rf.com

24.06.2025

Durch das neue EU-Label sollen Verbraucher:innen sofort sehen, wie nachhaltig ein Gerät ist. Der Reparierbarkeits-Index zeigt, ob sich eine Investition auch langfristig lohnt.

weiterlesen
EU-Energielabel sorgt für mehr Transparenz
Wirtschaft und Wettbewerb - Zeitschrift und Cover

Haben wir Ihr Interesse für WIRTSCHAFT und WETTBEWERB geweckt?

Sichern Sie sich das WuW Gratis Paket: 2 Hefte + Datenbank