21.02.2024

Am 03.02.2024 ist Dirk Schroeder nach schwerer Krankheit in seinem 70. Lebensjahr gestorben. Mit ihm verliert die internationale Kartellrechtsfamilie eine ihrer herausragenden Persönlichkeiten und diese Zeitschrift einen vielseitigen und engagierten Herausgeber.

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Dirk Schroeder

Nach Studium und Referendarzeit in Köln wurde Dirk Schroeder 1981 als Rechtsanwalt zugelassen. Er promovierte 1983 mit einer von Heinz Hübner betreuten Arbeit zu dem rechtsdogmatischen Thema „Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Rechtsgeschäftslehre“ in Köln. Boden Oppenhoff & Schneider ernannten ihn schon 1985 zum Partner. Für sie eröffnete er 1989 das Brüsseler Büro Boden, Oppenhoff, Rasor, Schneider & Schiedermair, passend zum Inkrafttreten der Europäischen Fusionskontrollverordnung. Die Gründung mündete in die Alliance of European Lawyers, Boden De Bandt De Brauw Jeantet Lagerlöf & Uría, einem der ersten international aufgestellten Kanzleiverbünde von spezialisierten Kartellrechtlern. Anfang 1998 kehrte Dirk Schroeder in das Kölner Büro zurück, um hier die europäische und deutsche Kartellrechtspraxis weiter aufzubauen. 2001 wurde das Kölner Büro Teil von Linklaters & Oppenhoff. Im Jahr 2003, kurz vor seinem 50. Geburtstag, stellte er sich der Herausforderung, für Cleary Gottlieb Steen & Hamilton zusammen mit Romina Polley ein neues Kölner Büro zu eröffnen. Es reizte ihn, die bis dahin nur in Frankfurt angesiedelte deutsche Praxis dem internationalen Ruf der Kanzlei entsprechend auszubauen. Große internationale Mandate gingen voraus und folgten: Yves Rocher vertrat er beim EuGH zu Fragen der Warenverkehrsfreiheit (1993), die Europäische Kommission im Kartonkartellverfahren vor dem EuG und dem EuGH (1994-2000), Dow Chemical schon früh beim Erwerb eines Großteils der ostdeutschen Chemieindustrie (ab 1995). Für die Deutsche Post focht er die Remailingverfahren bis zum BGH und EuGH durch, für die Mitglieder der International Post Corporation erreichte er förmliche Freistellungsentscheidungen der Kommission (1999 und 2003) und betreute sie in allen Belangen bis in die jüngste Zeit. Im Ministererlaubnisverfahren E.ON/Ruhrgas vertrat er 2002 den Veräußerer BP; beim BGH plädierte er in den Fusionskontrollverfahren Axel Springer/ProSiebenSat.1 und Phonak/GN Store Nord. Den Kronzeugen Masco vertrat er im Badezimmerausstattungskartell (seit 2004) und den Aufzugs- und Fahrtreppenhersteller Otis in Kartellschadensersatzprozessen (seit 2010). Im Bereich der EU-Fusionskontrolle sind schließlich die Vertretung von Baxter beim Erwerb von Gambro (2013) und von Dow Chemical beim Zusammenschluss mit DuPont zu nennen, bis heute in allen Facetten ein herausragender Präzedenzfall.

Für die Belange der Anwaltschaft setzte er sich 30 Jahre lang ein, bis 2018 im Ausschuss Berufsrecht des Deutschen Anwaltvereins und von 2000 bis 2018 im Vorstand der Studienvereinigung Kartellrecht, seither ist er Ehrenmitglied. Dort war er auch deshalb an der richtigen Stelle, weil die Vereinigung die Verbindung zur Wissenschaft pflegt. Dirk Schroeder hat seine zahlreichen Veröffentlichungen mit wissenschaftlichem Anspruch geschrieben. Sein Schriftenverzeichnis nennt seit 1976 – es verging kaum ein Jahr ohne Publikation – weit über 60 Titel, darunter gewichtige Kommentierungen, umfangreiche Handbuchbeiträge und viele große Aufsätze. Häufig hat er sich aktuellen Themen als einer der Ersten gewidmet und immer war sein auch eingelöster Anspruch, Fragen weiterzuentwickeln und vorauszudenken. Von seinem offenen, vorausschauenden Denken hat diese Zeitschrift seit 2006 profitiert, und ebenso der Frankfurter Kommentar, den er seit 2003 mitherausgab, sowie Competition Law Insight, wo er seit 2002 Mitglied des Editorial Board war. Forschung war für ihn untrennbar mit Lehre verbunden. Vorlesungen hielt er in Amsterdam und Köln; die Universität zu Köln verlieh ihm 2003 den Titel eines Honorarprofessors. Der wissenschaftliche und anwaltliche Nachwuchs lag ihm am Herzen; er beobachtete new entrants und stand nicht wenigen als großartiger Mentor zur Seite. Ganze Kartellrechtsgenerationen wurden in der Anwaltschaft von ihm gefördert und geprägt. In der Förderung von Frauen war er seiner Zeit weit voraus. Sein Markenzeichen war die stets überragende Qualität. Diese vermittelte er seinen Schülern mit großer Umsicht. Ebenso lebte er bei allem Arbeitseinsatz vor, dass Familie ihm das Wichtigste ist. Besprechungen wurden jederzeit unterbrochen, wenn die Kinder anriefen. Das Abendessen en famille war Höhepunkt seines Tages. 2018 ehrten ihn seine Freunde und Weggefährten mit einer 1000-seitigen Festschrift.

Sein Lebenslauf weist zahlreiche französische Einsprengsel auf, die Anwaltsstation in Paris, das Studium an der Ecole Nationale d’Administration in Paris (1981-1982), mit Stagen bei der damaligen Commission de la concurrence und im Ministère de l’Economie, sowie ein anwaltliches Intermezzo in Paris bei Gide Loyrette Nouel (1984-1985). Das leitet über zu Privatem: Dirk Schroeder war frankophil und liebte die schönen Künste, die Oper, die moderne Musik und die Malerei. Auch hier förderte er viele große Talente. Nicht zuletzt begeisterte ihn, der selber sehr gut kochte, die französische Küche und mit dem La Poêle d’Or bereicherte er Köln um einen Stern. Seinen feinen Stil als Anwalt und Wissenschaftler prägte auch das. Er feierte gerne, seine großen Geburtstage waren Treffpunkte der Kartellrechtsfamilie. Er wird uns sehr fehlen.


Die Herausgeber und der Verlag

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