05.02.2025

Der BGH stellt klar, dass Klauseln zu Verwahrentgelten (sogenannten "Negativzinsen") auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten sowie Entgelte für Ersatz-Bankkarten und Ersatz-PINs unwirksam sind. Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Bankkunden erheblich.

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Mehrere Verbraucherschutzverbände hatten gegen verschiedene Banken und eine Sparkasse geklagt. Die Banken hatten in ihren Preis- und Leistungsverzeichnissen Klauseln eingeführt, die Verwahrentgelte für Guthaben oberhalb bestimmter Freibeträge vorsahen. Zudem verlangte eine Bank Gebühren für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard und einer Ersatz-PIN. Die Verbraucherschutzverbände sahen hierin eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher und forderten die Unterlassung dieser Klauseln sowie in einigen Fällen die Rückzahlung bereits erhobener Entgelte.

Verwahrentgelte auf Girokonten: Intransparente Klauseln sind unwirksam

Der BGH stellte in vier Urteilen vom 04.02.2025 (XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23, XI ZR 183/23) fest, dass Verwahrentgelte auf Girokonten eine Hauptleistung aus dem Girovertrag darstellen. Daher unterliegen sie zwar grundsätzlich keiner Inhaltskontrolle gemäß den Regelungen des Allgemeinen Geschäftsbedingungen-Rechts (AGB-Recht), verstoßen jedoch gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Verbraucher könnten nicht eindeutig erkennen, auf welches Guthaben sich das Verwahrentgelt bezieht. Unklar bleibe insbesondere, ob die Berechnung taggenau erfolgt und welche Buchungssalden maßgeblich sind.

Verwahrentgelte auf Tagesgeld- und Sparkonten: Unangemessene Benachteiligung

Anders bewertete der BGH die Verwahrentgelte für Tagesgeld- und Sparkonten. Diese Klauseln unterliegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil sie die Hauptleistung der Banken verändern. Der BGH stellte klar, dass Tagesgeldkonten nicht nur der Verwahrung, sondern auch dem Sparen und der Geldanlage dienen. Die Erhebung eines Verwahrentgelts widerspricht diesem Zweck und stellt eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher dar (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Gleiches gilt für Sparkonten, da diese der langfristigen Vermögensbildung dienen und durch die Verwahrentgelte faktisch entwertet würden.

Unwirksamkeit von Entgeltklauseln für Ersatzkarten und Ersatz-PINs

Im Verfahren XI ZR 161/23 entschied der BGH zudem, dass Entgeltklauseln für die Ausstellung einer Ersatz-BankCard und einer Ersatz-PIN gegen das Transparenzgebot verstoßen. Die Verbraucher können nicht hinreichend erkennen, wann sie tatsächlich zur Zahlung verpflichtet sind. Insbesondere fehlen klare Angaben, unter welchen Umständen eine gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung der Bank zur kostenfreien Ausstellung besteht.

Folgen der Entscheidung

Banken dürfen gegenüber Verbrauchern keine Verwahrentgelte auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten mehr erheben. Bestehende Klauseln in Preis- und Leistungsverzeichnissen sind unwirksam und können nicht durchgesetzt werden. Damit haben Verbraucher einen Anspruch auf Rückerstattung unrechtmäßig gezahlter Verwahrentgelte. Außerdem dürfen Banken für die Ausstellung von Ersatz-Bankkarten und Ersatz-PINs nur dann Gebühren verlangen, wenn dies klar und transparent geregelt ist.


BGH vom 04.02.2025 / RES JURA Redaktionsbüro (vcd)

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