07.01.2022

Das BGB hat ein Update bekommen: Zum Jahresbeginn traten zwei große BGB-Reformen in Kraft: ein Gesetz, mit dem das Kaufrecht im BGB angepasst wird, und ein Gesetz, mit dem das BGB ergänzt wird um Regelungen für Verträge, die die Bereitstellung „digitaler Produkte“ zum Gegenstand haben. Beide Gesetze gehen zurück auf Richtlinien der Europäischen Union.

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Mit den neuen Regeln für Verbraucherverträge über digitale Produkte erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher einheitliche Gewährleistungsrechte bei der Nutzung von digitalen Produkten wie Apps, E-Books oder Streamingdiensten. Die neuen Regeln werden Teil des BGB. Dort eingefügt werden sie durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Richtlinie (EU) 2019/770).

Neue Regeln für Verbraucherverträge über digitale Produkte

Die wesentlichen Inhalte der ab dem 01.01.2022 geltenden neuen Regeln lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Die neuen Regeln gelten für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, die die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Als Oberbegriff für diese Vertragsgegenstände verwendet das Gesetz den Begriff „digitale Produkte“. Es ist unerheblich, ob es sich bei dem Vertrag um einen Kauf-, Dienst-, Werk-, Schenkungs- oder Mietvertrag handelt. Die neuen Regelungen gelten für alle Vertragsarten. Eine Ausnahme bilden hier nur Kaufverträge über Waren mit digitalen Elementen (z.B. Smartphones oder Notebooks mit Betriebssystem); hier finden die neuen kaufrechtlichen Regeln Anwendung.
  • Die Neuregelungen sind auch anwendbar auf Verträge über digitale Produkte, die „mit personenbezogenen Daten bezahlt“ werden. Ein Beispiel hierfür ist die vermeintlich kostenlose Nutzung sozialer Netzwerke, bei denen der Verbraucher vorab in die Nutzung seiner personenbezogenen Daten einwilligen muss.
  • Verbraucherinnen und Verbrauchern stehen bei Anwendbarkeit der Vorschriften umfassende Gewährleistungsrechte zu. Je nach Umständen des Falls sind dies: ein Anspruch auf Nacherfüllung (gerichtet zum Beispiel auf Lieferung eines neuen, fehlerfreien digitalen Produkts), ein Recht zur Minderung (des vereinbarten Preises), ein Recht zur Beendigung des Vertrags sowie Schadensersatzansprüche.
  • Unternehmerinnen und Unternehmer sind verpflichtet, Aktualisierungen (Update) bereitzustellen, damit die digitalen Produkte vertragsgemäß bleiben. Das umfasst auch Sicherheitsupdates. Die Länge des Zeitraums, für den solche Aktualisierungen bereitzustellen sind, variiert. Bei fortlaufenden Vertragsbeziehungen (z.B. Abonnements) gilt diese Verpflichtung über die gesamte Vertragsdauer. Bei einmalig zu erfüllenden Verträgen wie Kaufverträgen gilt sie für einen Zeitraum, den Verbraucherinnen und Verbraucher vernünftigerweise erwarten können. Dieser Zeitraum ist flexibel. Für eine Betriebssoftware wird er zum Beispiel länger sein als für eine Software, die keine entsprechend zentrale Funktion hat.

Update im Kaufrecht

Mit den Neuregelungen im Kaufrecht werden die Gewährleistungsrechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Kauf gestärkt – insbesondere beim Kauf von Waren mit digitalen Elementen. Zugleich wird dadurch das Kaufrecht der EU-Mitgliedstaaten noch näher einander angeglichen. Das Gesetz dient der Umsetzung der EU-Warenkaufrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/771 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs).

Das Gesetz führt ab dem 01.01.2022 insbesondere zu folgenden Änderungen des geltenden Rechts:

  • Erwirbt ein Verbraucher von einem Unternehmer eine Ware mit digitalen Elementen – zum Beispiel ein Smartphone –, so gilt künftig eine Verpflichtung zur Aktualisierung (Update-Verpflichtung). Auch nach Übergabe der Kaufsache müssen deren Funktionsfähigkeit und IT-Sicherheit gewährleistet werden. Die Verpflichtung besteht für den Zeitraum, in dem die Verbraucherin oder der Verbraucher Aktualisierungen aufgrund der Art und des Zwecks der Sache erwarten kann. Maßgeblich dafür, wie lange dieser Zeitraum reicht, sind etwa Werbeaussagen, der Kaufpreis und die Materialien der Kaufsache.
  • Sonderbestimmungen gibt es künftig für den Kauf von Sachen, für die eine dauerhafte Bereitstellung digitaler Elemente vereinbart ist: beispielsweise ein Notebook mit integrierten und für einen bestimmten Zeitraum bereitgestellten Software-Anwendungen. So muss der Verkäufer etwa dafür Sorge tragen, dass die in der Sache enthaltenen digitalen Elemente während des Bereitstellungszeitraums mangelfrei sind und bleiben.

Verlängerte Frist für die Beweislastumkehr

Bei Verträgen mit Verbrauchern über die Bereitstellung digitaler Produkte und über den Kauf von Waren wird die Frist für die sogenannte „Beweislastumkehr“ verlängert: also für die Vermutung, dass ein aufgetretener Mangel bereits im Zeitpunkt der Bereitstellung oder Übergabe vorlag. Diese Frist beträgt künftig ein Jahr nach Bereitstellung des digitalen Produkts oder Übergabe der Ware. Im bisherigen Verbrauchsgüterkaufrecht beträgt diese Frist sechs Monate.


BMJ vom 30.12.2021 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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