Die Klägerin financialright GmbH, eine nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) registrierte Inkassodienstleisterin, ließ sich im Zuge des sog. Diesel-Abgasskandals europaweit von Käufern von Dieselfahrzeugen Ansprüche abtreten. Die Ansprüche wollte sie gegenüber der VW AG im eigenen Namen durchsetzen – so auch in dem vorliegenden Berufungsverfahren, in dem sie mit einem in der Schweiz ansässigen Käufer eines Fahrzeuges VW Tiguan eine entsprechende Abtretungsvereinbarung getroffen hatte.
Die Klägerin machte diese Forderung zunächst „gebündelt“ im Wege einer objektiven Klagehäufung mit ca. 2.000 weiteren Ansprüchen geltend. Das LG Braunschweig trennte den Anspruch ab, verhandelte über ihn in einem gesonderten Verfahren und wies ihn mit Urteil vom 30.04.2020 (11 O 3092/19) wegen fehlender Aktivlegitimation zurück. Die Abtretung sei nichtig.
Kein Erfolg vor dem OLG
Diese rechtliche Bewertung ist nach Auffassung des OLG Braunschweig zutreffend (Urteil vom 07.10.2021 – 8 U 40/21). Bei der Abtretungsvereinbarung handele es sich um eine Inkassodienstleistung in Form einer Rechtsdienstleistung gem. § 2 Abs. 2 RDG, da die Klägerin die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäftsmodell betreibe. Damit unterfällt die Tätigkeit dem RDG. § 3 RDG sieht für die selbstständige Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen eine Erlaubnispflicht vor. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG dürfen registrierte Personen, die im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen sind, aufgrund nachgewiesener Sachkunde grundsätzlich Rechtsdienstleistungen in dem Bereich der Inkassodienstleistungen erbringen.
financialright GmbH hat Befugnisse überschritten
In der vorliegenden Konstellation habe die Klägerin aber die ihr danach erteilte Befugnis überschritten, da sie die Einziehung einer Forderung übernommen habe, deren Berechtigung sich nach einem ausländischen (hier dem schweizerischen) Recht beurteile. Zwar dürfen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 RDG auch Rechtsdienstleistungen „in einem ausländischen Recht“ aufgrund besonderer Sachkunde erbracht werden. Eine solche habe die Klägerin jedoch nicht nachgewiesen.
Auch könne sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass der Rechtsdienstleister bei einer Einziehung einer Forderung deren Bestand nicht rechtlich zu prüfen habe. Das Inkassounternehmen übernehme nämlich – so der Senat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – vielmehr die Verantwortung für die wirkungsvolle Durchsetzung fremder Rechte oder Vermögensinteressen. Daraus folge aber auch, dass die rechtliche Bewertung von solchen Forderungen durchaus zum Kernbereich der Inkassotätigkeit gehöre. In dem vorliegenden Fall wäre die Klägerin zudem ohne diese rechtliche Bewertung und materielle Prüfung des behaupteten Schadensersatzanspruchs gar nicht in der Lage gewesen, diesen zu beziffern. Aufgrund des Verstoßes gegen die Erlaubnispflicht ist die Abtretung nach § 134 BGB nichtig.