Ein Geschäftsführer kann auch für Vorgänge außerhalb seines eigenen Ressorts verantwortlich gemacht werden, wenn er Kontrollpflichten verletzt. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 20.11.2025 (5 U 15/24) entschieden und die fristlose Kündigung eines Geschäftsführers bestätigt, der fragwürdige Gehaltserhöhungen für Betriebsratsmitglieder nicht hinterfragt hatte.
Pflicht zur Kontrolle auch ohne direkte Zuständigkeit
Im Zentrum des Falls steht ein Geschäftsführer des Wiesbadener Nahverkehrsbetriebs, der seit 2014 u.a. für das Personalwesen zuständig war. Nachdem die Stadt Wiesbaden 2021 anonyme Hinweise auf Unregelmäßigkeiten erhielt, leitete die Gesellschaft eine Untersuchung ein. Auf Basis eines Zwischenberichts einer externen Kanzlei kündigte der Aufsichtsrat dem Geschäftsführer im März 2022 fristlos.
Zwar war der Kläger formal nicht für die streitgegenständlichen Gehaltserhöhungen zuständig, hatte diese jedoch mitunterzeichnet und war in die interne Kommunikation eingebunden. Das OLG stellte klar, dass ihn in diesem Zusammenhang eine Kontroll- und Überwachungspflicht traf. Er hätte die Zulagen und Höhergruppierungen, insbesondere von Betriebsratsmitgliedern und einem Schwerbehindertenvertreter, kritisch prüfen müssen, gerade weil diese sachlich nicht gerechtfertigt waren.
Kündigung formell und materiell wirksam
Der Aufsichtsrat habe die Kündigung korrekt beschlossen, so das OLG. Die Ladung zur Sitzung mit dem Tagesordnungspunkt „Abberufung“ und einer entsprechenden Vorlage genüge den formellen Anforderungen. Auch die Zweiwochenfrist für die außerordentliche Kündigung sei gewahrt worden, da der Aufsichtsrat erst mit dem Zwischenbericht hinreichend über alle relevanten Umstände informiert war. Inhaltlich stützte sich das OLG auf arbeitsgerichtliche Urteile, die die Unzulässigkeit der Gehaltsanpassungen belegten. Der Kläger habe diesen Vorwürfen nichts Substanzielles entgegengesetzt, obwohl ihm das aufgrund seiner Funktion möglich gewesen wäre.
Kein Verlust des Tantiemenanspruchs
Die Klage des Geschäftsführers auf Auszahlung von Tantiemen in Höhe von 24.000 Euro für das Jahr 2021 hatte hingegen teilweise Erfolg. Der Senat betonte, dass Pflichtverletzungen zwar Gegenansprüche begründen können, dem Kläger aber nicht pauschal seine Vergütungsansprüche verwehren. Nur bei besonders grobem Fehlverhalten sei das denkbar; diese Schwelle sei hier nicht erreicht.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Beide Parteien können Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen.

