31.01.2023

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich mit der wettbewerbsrechtlichen Haftung für Affiliate-Partner befasst.

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Der Betreiber eines Affiliate-Programms haftet nicht für die irreführende Werbung eines Affiliate-Partners, wenn dieser im Rahmen eines eigenen Produkt- oder Dienstleistungsangebots tätig geworden ist und es deshalb an einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs des Betreibers des Affiliate-Programms fehlt (BGH, Urteil vom 26.01.2023 – I ZR 27/22).

Darum ging es im Streitfall

Die Klägerin ist eine Matratzenherstellerin. Die Beklagten sind Gesellschaften der Amazon-Gruppe und in unterschiedlichen Funktionen am Betrieb der Online-Verkaufsplattform „Amazon“ beteiligt. Im Rahmen des von der Beklagten betriebenen Amazon-Partnerprogramms steht es Dritten, sog. Affiliates, frei, auf der eigenen Webseite Links auf Angebote der Verkaufsplattform zu setzen. Wird dadurch ein Verkauf vermittelt, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil am Kaufpreis.

Im Jahr 2019 warb ein Affiliate auf seiner Webseite, die sich im weitesten Sinne mit den Themen Schlaf und Matratzen befasste und zumindest optisch einem redaktionellen Online-Magazin entsprach, unter anderem für Matratzen unter Verwendung von Links auf entsprechende Angebote auf der Verkaufsplattform. Die Klägerin hält die Werbung des Affiliates für irreführend und hat die Beklagten, denen der Wettbewerbsverstoß ihres Affiliates gemäß § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen sei, auf Unterlassung in Anspruch genommen.

BGH zum Geschäftsbetrieb eines Affiliates

Der innere Grund für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG liegt vor allem in einer dem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbetriebs und einer gewissen Beherrschung des Risikobereichs durch den Betriebsinhaber. Unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Amazon-Partnerprogramms sowie der beanstandeten Webseite des Affiliates fehlt es im Streitfall an einer solchen Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten und damit am inneren Grund der Zurechnung gemäß § 8 Abs. 2 UWG.

Entwickeln Affiliates eigene Produkte oder Dienstleistungen – hier eine Internetseite mit redaktionell gestalteten Beiträgen zu den Themen Schlaf und Matratzen –, deren Inhalt sie nach eigenem Ermessen gestalten und zum Verdienst von Provisionen bei verschiedenen Anbietern einsetzen, ist die Werbung über den Affiliate-Link ein Teil des Produkts, das inhaltlich von den Affiliates in eigener Verantwortung und im eigenen Interesse gestaltet wird. Die Links werden von ihnen nur gesetzt, um damit zu ihren Gunsten Provisionen zu generieren. Ein solcher eigener Geschäftsbetrieb eines Affiliates stellt keine Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten dar.

Es fehlt im Streitfall auch an der für eine Haftung nach § 8 Abs. 2 UWG erforderlichen Beherrschung des Risikobereichs durch die Beklagte. Der Affiliate wird bei der Verlinkung nicht in Erfüllung eines Auftrags bzw. der mit Amazon geschlossenen Vereinbarung tätig, sondern im Rahmen des von ihm entwickelten Produkts und allein im eigenen Namen und im eigenen Interesse. Die Beklagte musste sich einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auch nicht sichern, weil sie mit dem Produkt des Affiliates ihren Geschäftsbetrieb nicht erweitert hat.


BGH vom 26.01.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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